nachhaltige Landwirtschaft
Echtes Saatgut und falsche Versprechungen

Die Tagung am 27. und 28. Oktober des EU-Landwirtschaftsministerrates hat sich wegen Verfahrensfehlern verschoben. Trotzdem steht eine Entscheidung über die Höhe des Grenzwertes von gentechnischen Verunreinigungen in Lebensmitteln und auch in Saatgut weiterhin aus. Zwischen 0,1 % - 0,9% ist alles möglich. Gentechnik-freie Zonen - wie u.a. Österreich beantragt hat - sind nicht vorgesehen oder gar verboten.

Wenn dann flächenhaft GVO-Pflanzen angebaut würden, dann wären auch diejenigen nicht mehr vor Verunreinigungen sicher, die - wie die ökologisch wirtschaftenden Bauern und die weit überwiegende Mehrzahl ihrer konventionellen Berufskollegen - bewusst auf den Einsatz von GVO verzichten wollen. Durch Pollen- und Samenflug auf dem Acker, durch Verunreinigungen bei Transport, Lagerung und Verarbeitung wird es dann zu Kontaminationen kommen.

Doch wieso brauchen wir überhaupt zusätzlich Gen-Food in Europa, sind doch nach aktuellen Umfragen mehr als 70% der EU-Bürger dagegen?

Das beantwortet am besten Präsident George W. Bush, der die Europäer auf aggressive Weise aufforderte, nun endlich den Import gentechnisch veränderter Nahrungsmittel aus den USA zuzulassen. Damit macht er Druck hinter eine im Mai von den USA bei der Welthandelsorganisation WTO eingereichte Klage gegen die EU. Hintergrund ist, dass den USA - Bauern bislang möglicherweise 300 Millionen Dollar möglicher Exporterlöse entgangen sind, weil sie ihre Gentechnik-Produkte nicht an die Europäer verkaufen dürfen.

Doch sicher ist der Einkommensverlust der amerikanischen Bauern nicht der Hauptgrund, führt doch George W. Bush auch die erfolgreiche Lösung des Hungerproblems in Afrika durch Gentechnik an, was die Europäer mit ihrer Haltung verhindern.

Hauptprofiteur dieses Gentechnik-Pokers sind wieder einmal die multinationalen Pharma-Agrochemiekonzerne, denen die letzte Bastion der Ernährungssouveränität, die Subsistenzproduktion und der Saatguthandel mit Landsorten, ein Dorn im Auge ist, haben sie es doch geschafft, neben der Gesundheits- und Lebensmittelherstellung sich die größten Bereiche der Landwirtschaft und Teile der öffentlichen Grundversorgung wie Wasser weltweit zu kolonisieren und darüber hinaus zu patentieren.

Und wir Frauen?

Gesundheit ist das Fundament von Zukunftsfähigkeit und in höchstem Maße abhängig von Umwelt und sozialen Verhältnissen. Wie Ernährung so ist sie ein Kernbereich der Verantwortung von Frauen.

BSE hat die lebensbedrohende Sackgasse der industriellen Landwirtschaft aufgezeigt. Agrargifte, Hormoneinsatz und Gentechnologie stellen inakzeptable Risiken für die Gesundheit von Menschen und Umwelt dar. Verschmutzung und Überfischung der Meere, Flüsse und Seen sowie hochgradig chemisierte Aquakulturen führen zu weiterer Ernährungsverunsicherung.

Gleichzeitig torpedieren hochsubventionierte Importe aus den Industrieländern die kleinbäuerliche Landwirtschaft und ihre Märkte in diesen Ländern.

Eine Agrarwende hin zu Ernährungs- und ökologischer Sicherheit und regionalen Kreisläufen ist im Interesse von Frauen als Ernährungs- und Gesundheits-Verantwortliche. Grüne Gentechnik lehnen sowohl die Mehrzahl der Verbraucherinnen als auch die kleinbäuerlichen Produzentinnen ab. In den Ländern des Südens ist das Recht auf eigenes Saatgut und Nutzung von Erfahrungswissen von größter Bedeutung für die Bäuerinnen und ihre Rolle in den lokalen Ökonomien. Das WTO-Abkommen zu Handelsrechten für geistiges Eigentum (TRIPs) fördert jedoch die Patentierung von traditionellem Wissen, Saatgut und genmanipulierten Organismen durch multinationale Konzerne der Agro- und Pharmaindustrie. Menschen im Süden sollen für Heilpflanzen zahlen, die sie selbst als Kulturpflanzen gezüchtet haben, nachdem Pharma-Konzerne aus dem Norden deren kommerzielle Nutzung registrieren lassen oder diese genetisch verändern. Die Vergabe von Patenten auf Medikamente als Endprodukte führt zu teuren Monopolen und schließt immer mehr Menschen von dem Recht auf Gesundheit aus.

Der Evangelische Entwicklungsdienst hat mit einigen NGOs im Juni 2003 in Hyderabad/Indien eine Deklaration zum Schutz traditionellen Wissens für eine Revision des TRIPS-Abkommens und gegen Biopiraterie und Gentechik ausgearbeitet, die auch von WLOE unterstützt wird über folgenden Link abgerufen werden kann:

 

weitere Infos zu Gentechnik, Pflanzenvielfalt und Biopiraterie:

http://www.biopiraterie.de

http://www.saveourseeds.org

http://www.biodiv.org

http://www.gen-ethisches-netzwerk.de

 

*) Saatgutausschuss der EU