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Ökologie in der Türkei
Im Gespräch: Öykü Kaygusuz von Ökobrücke Deutschland-Türkei e.V.

Der Verein Ökobrücke Deutschland- Türkei e.V. wurde von türkischen Migranten 2003 in Deutschland gegründet. Bestehend aus Bioladenbesitzern und ökologisch engagierten Menschen, wollen sie unter anderem türkische Bioprodukte fördern. Eine von ihnen ist Öykü Kaygusuz.

Öykü Kaygusuz verfolgt bei Ökobrücke Deutschland- Türkei eine Vision: ,,Ökobrücke verfolgt die Vision mit der Umweltbewegung in der Türkei etwas aufzubauen und die Migranten in Deutschland für Umweltthemen zu sensibilisieren. Es geht um eine umweltverträglichere Lebensweise, ob man nun Bioprodukte isst oder mit einem emissionsgeringeren Verkehrsmittel fährt."
Sie beschrieb die Einstellung und das Potenzial von Türken gegenüber Bioprodukten: ,,Viele Lebensmittel in den Läden der Türken sind meist aus der Türkei und aus konventionellem Anbau. Es wäre falsch zu sagen, dass türkische Produkte ökologischer sind. Die Türkei wird aber immer ökologischer. Das Landwirtschaftsministerium hat eine Abteilung für ökologischen Landbau eingerichtet. Viele Produkte in den Bioläden Deutschlands sind aus der Türkei. Es gibt sehr viele natürliche Landschaften, aber einige der Bauern arbeiten noch sehr viel mit Chemie, weil ihnen die Informationen fehlen. Den biologischen Landbau betreiben Bauern, die ihn als Markt entdeckt haben. Sie haben bemerkt, dass sie so viel besser ihre Lebensmittel ins Ausland verkaufen können. Sie machen es auch aus Überzeugung, weil sie wissen, dass es gesünder ist und besser schmeckt."

Öykü Kaygusuz bei einer WLOE- Veranstaltung im März 2005

Die Anzahl der neu eröffneten Bioläden steigt in der Türkei. Besonders in größeren Städten achten die Menschen meist auf gesündere Nahrung. ,,Das ist auch der Grund, warum wir die Ökobrücke-Deutschland e.V. gegründet haben, weil es in der Türkei  gute Ansätze gibt, die sich allerdings noch im Anfangsstadium befinden. Türkische Bioladenbesitzer öffneten ihre Läden in der Hoffnung, dass Migranten ein Umweltbewusstsein entwickeln und ökologischer leben. Aber momentan ist es noch nicht erforscht, wie sich die Türken bei ihrem Einkauf verhalten. Es gibt Kampagnen, die gesundheitsbewusstere Ernährung untersuchen. Eine davon ist,,ECHT GERECHT CLEVER KAUFEN". Hier werden aber häufig die Migranten nicht berücksichtigt. Der Verein Ökobrücke hat bereits ein Projekt mit dem Namen  ,,BIO FÜR TÜRKEN" ins Leben gerufen. Mittels einer Umfrage soll aufgezeigt werden, wie viel Interesse die türkischen Migranten an einer ökologischen Lebensweise haben. Die Mittel des Vereins sind jedoch begrenzt und das Interesse der Menschen auch."

,,Den meisten Deutschen ist nicht bewusst, dass 61% der in der Türkei erzeugten Bioprodukte wie getrocknete Feigen, Nüsse und Zitrusfrüchte nach Deutschland importiert werden. Sie wissen auch nichts von ökologische Organisationen wie Bugday (Weizen) in der Türkei, die sich sehr gut entwickelt haben und sogar das Landwirtschaftsministerium über Ökologie berät. Es gibt zum Beispiel ein Projekt, in dem Studierende, mit dem nötigen Fachwissen über ökologischen Landbau, bei Bauern praktische Erfahrungen sammeln können. Sie wohnen bei diesen Bauern kostenlos und als Gegenleistung helfen sie bei der Bepflanzung, Bewässerung und der Ernte mit. Damit werden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Die Bauern lernen neue Wege und  Mittel der Bepflanzung kennen, und die Studenten können praktisch aktiv werden, anstatt sich nur mit der Theorie zu beschäftigen."

Aber es gibt natürlich noch viele Probleme in der Türkei. ,,Erschwerend wirkt, dass die Umweltpolitik in der Türkei erst später eingesetzt hat, als es im Westen der Fall war. Erst 1982 wurde das Umweltgesetz verabschiedet." Das Problem, das Öykü Kaygusuz sieht, ist, dass ,,die Umweltpolitik stark mit den anderen Bereichen wie zum Beispiel mit dem Energie- und dem Wirtschaftssektor konkurriert. Das Umweltministerium wurde aufgelöst und mit dem Forstministerium verbunden. Beides überschneidet sich sehr stark mit anderen Ämtern, wie dem staatlichen Wasseramt. Es kann sich nicht durchsetzten, weil viele Instrumente und Gesetze schwach sind. Die Umweltverbände befinden sich noch im Krabbelstadium. Es gibt zwar viele Initiativen, die sich für die Umwelt interessieren, aber genauso wie in Deutschland, leben die Verbände von Mitgliedsbeiträgen und haben nicht genügend Ressourcen.
Die Existenz dieser Vereine ist dennoch sehr wichtig. Das Landwirtschaftsministerium lässt sich von dem Verein Buday beraten, weil sie das nötige Fachwissen über Ökolandbau brauchen." Die Türkei sei auch bestrebt, Teil der Europäischen Union zu werden und setzt somit viele EU- Direktiven um. In ökologischer Hinsicht ist die EU allerdings nicht streng genug, so Öykü Kaygusuz. ,,Es gibt eine neue Direktive, dass man alle Flächen lediglich ausweisen muss und einen bestimmten Abstand zu "sauberen" Flächen halten muss, um genmanipulierte Organismen anbauen zu dürfen. Insofern werden biologische Anbauprodukte nicht genug geschützt und Bio- Bauern fürchten ebenfalls die Verbreitung von genmanipulierten Pflanzen." 

Es gibt sicherlich Probleme in der Türkei in ökologischer Hinsicht, aber dank der engagierten Vereine wie Buday und Ökobrücke Deutschland- Türkei e.V. kann man sich darauf verlassen, dass Bioprodukte einen Platz neben konventionellen Produkten in der Gesellschaft einnehmen werden.

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