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Zwangsheirat

Zwangsverheiratung bedeutet eine Eheschließung ohne die Einwilligung eines oder beider Partner. Die Zwangsheirat stellt eine Menschenrechtsverletzung dar. Diese Menschenrechtsverletzung tritt in verschiedenen Kulturen auf, bei der die Eheschließung zwischen den Eltern der zukünftigen Ehegatten vereinbart wird. Doch meistens ist es die Frau, deren Meinung zur geplanten Eheschließung ignoriert wird. Dabei hat Zwangsheirat seltener mit der Religion zu tun, sondern hauptsächlich mit überkommener Traditionen und Bräuchen. So ist oft die Stellung einer Frau in der Gesellschaft von ihrer Beziehung zu ihrem Vater, Mann oder ihren Söhnen, teilweise auch zu ihren Brüdern, bestimmt. Mädchen werden in dem Glauben erzogen, dass ihre einzig wichtige Rolle im Leben die einer zukünftigen Ehefrau, und am wichtigsten die einer Mutter - besonders die von Söhnen - ist. Unter den Betroffenen überwiegen zahlenmäßig die Türkinnen und Kurdinnen, weil sie die größte Immigrantengruppe in Deutschland bilden. Betroffen sind aber auch viele Libanesinnen, Marokkanerinnen, Tunesierinnen, Albanerinnen, Iranerinnen oder auch Inderinnen. Auch in Deutschland laufen Mädchen Gefahr, mit Männern aus dem Ausland zwangsverheiratet zu werden.
 
In der öffentlichen Debatte wird Zwangsverheiratung meistens mit bestimmten Kulturen oder Religionen in Zusammenhang gebracht und häufig als (bewusstes oder unbewusstes) Argument zur Aufrechterhaltung vorhandener Stereotypen gebraucht. Diese Sichtweise wird den Betroffenen in keiner Weise gerecht. Zwar steht Zwangsverheiratung mit kulturellen Traditionen in Zusammenhang, kommt aber in unterschiedlichen religiösen und ethnischen Gruppen vor, überschreitet die Grenzen von Schichten und Kasten, betrifft reiche und arme Familien.


Konsequenzen der Zwangsverheiratung

In den meisten Fällen sind es Frauen und Mädchen, die man zur Ehe gezwungen hat, die oft ihre Schulausbildung nicht beenden dürfen, sehr oft werden sie sexuell genötigt und sind finanziell vom Ehemann abhängig. Viele fügen sich in ihr Schicksal aus Hilflosigkeit oder aus Solidarität mit ihren Müttern und Schwestern. Sie haben Angst vor dem Verlust der Familie, vor den Aggressionen des Vaters und der männlichen Verwandten und vor sozialen Druck aus der Community. Unterdrückung, sexuelle Übergriffe und Gewalt führen nicht selten zu schweren körperlichen und seelischen Erkrankungen.

Im Menschenrechtsabkommen der Vereinten Nationen ist die freie Wahl des Ehepartners allerdings festgeschrieben.

"Die Ehe darf nur aufgrund der freien und vollen Willenseinigung der zukünftigen Ehegatten geschlossen werden." (Artikel 16 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, 1948)

Wir sind der Meinung, dass Zwangsverheiratung eine Form von häuslicher und meist auch sexualisierter Gewalt ist, die nicht nur einen massiven Verstoß gegen die oben zitierte Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, sondern auch gegen zahlreiche weitere Konventionen, Erklärungen und Gesetze darstellt.

Zwangsverheiratung oder arrangierte Ehe?

Zur unterscheiden ist zwischen Zwangsverheiratungen, wo die Eheschließung mit Drohungen und teilweise Gewalt durchgesetzt wird, und „arrangierten Ehen“ , wo von den Eltern den Mädchen oder Jungen mögliche Heiratskandidaten präsentiert werden und das letzte Wort aber der oder die Betroffene hat.

Man muss klar stellen, dass es sich bei den Familien/Eltern in den seltensten Fällen um „schlechte Eltern“ handelt, sie bemühen sich im Gegenteil im Rahmen ihrer Traditions- und Ehrbegriffe um das „Beste für ihre Kinder“ und es fehlt ihnen meist das Unrechtsbewusstsein.

Zwangsheiraten finden nach Meinung von Experten zu 90 Prozent in Kulturen mit fundamentalistisch-islamischem Hintergrund statt. Dafür gibt es im Koran allerdings keine Grundlage. Ausdrücklich wird dort die Freiwilligkeit für beide Partner betont, da dieser aber die Ehe als die einzig richtige Lebensform bezeichnet, ist es das Ziel vieler Eltern ihre Kinder zu verheiraten.

Wir stellen fest, dass für diese Menschenrechtsverletzungen nicht nur religiöse Motive maßgebend sind, sondern in Länder- und Familientradition begründete Ehrbegriffe. Zwangsverheiratungen finden fast überwiegend im familiären Umfeld statt, d.h. Cousin/Cousine, Onkel/Nichte usw.



Irgendwo in Deutschland: Eine junge Kurdin ist auf der Flucht vor ihrer eigenen Familie, um der Zwangsheirat zu entgehen
Quelle: www.dw-world.de

In den meisten Ländern ist das legale Heiratsalter 15 Jahre oder älter. Doch ist dies in vielen Ländern nur das gesetzlich vorgeschriebene Alter und gilt nicht für religiöse und traditionelle Heiraten.

Land Mindestalter für die Heirat von Frauen Alter ab dem sexuelle Kontakte erlaubt sind Ratifizierung der UN- Kinderrechts- konvention
Äthiopien 15 15-18 Ja
Kenia 16 (gesetzliche Heirat) 14 Ja
Tansania 15 (12, falls von afrikanischer oder asiatischer Herkunft) 14 Ja
Ghana 21 (lt. Hochzeits- verordnung) 14 Ja
Nigeria 18 14 Ja
Bangladesh* 18   Ja
Indien* 18   Ja
Pakistan* 16   Ja
Ägypten* 16   Ja
Kuwait* Pubertät   Ja

Quelle http://www.amnesty-muenchen.de/frauenrechte/index.php4?subcase=themen&subsubcase=5

Abb1: Alter, ab dem sexuelle Kontakte erlaubt sind und Mindestalter für die Heirat von Frauen. Quelle: Center for Reproductive law and policy, 1997
*In diesen Ländern gibt es keine Trennung zwischen offiziellem Alter, ab dem sexuelle Kontakte erlaubt sind, und dem Mindestalter für die Heirat, da das Einverständnis zu sexuellem Kontakt außerhalb der Ehe nicht gegeben werden kann.


Zwangsverheiratung in Deutschland

Auch in Deutschland werden Frauen mit Gewalt zur Ehe gezwungen, vornehmlich Türkinnen, Albanerinnen und Inderinnen.

Berlin-Kreuzberg. Ein Stadtteil, der wegen des hohen türkischen Bevölkerungsanteils im Volksmund auch "Little Istanbul"genannt wird. Viele Einheimische und Touristen strömen hierher wegen des Multi-Kulti-Flairs. Die Gefühle der türkisch-stämmigen Berliner Anwältin Seyran Ates aber sind andere, wenn sie durch die Straßen geht. Sie kämpft seit Jahren gegen die Zwangsheirat. Und sie weiß: So etwas kommt auch in Berlin vor. 230 verzweifelte Mädchen haben sich dort 2002 an die Beratungsstellen gewandt. Die Frauenrechtsorganisation "Terre des Femmes" spricht von 30.000 (geschätzten) Fällen, weltweit seien es Millionen.

"Ich bin in Istanbul geboren, es ist eine Weltstadt", sagt Seyran Ates. Doch Kreuzberg sei das Gegenteil davon. "Dort haben sich türkische Familien konserviert in ihrer Immigration, die sie vor vierzig Jahren begonnen haben." Der Schein trüge manchmal. Auch, wenn auf der Straße "sehr modern aussehende, auch sehr sexy wirkende Frauen" zu sehen seien – viele von ihnen würden in extrem traditionellen Umständen leben. Quasi rechtlos.

Mindestens jede dritte türkische oder kurdische Frau in Berlin-Kreuzberg, so schätzt die Anwältin Seyran Ates, ist zwangsverheiratet worden. Das heißt für die meisten, sexuell genötigt und schwer misshandelt zu werden. Viele Mädchen fügen sich in ihr Schicksal aus Hilflosigkeit oder aus Solidarität mit ihren Müttern und Schwestern. Sie haben Angst vor dem Verlust der Familie, vor den Aggressionen des Vaters und der männlichen Verwandten. Unterdrückung, sexuelle Übergriffe und Gewalt führen nicht selten zu schweren körperlichen und seelischen Erkrankungen. Oft sind die Frauen vollkommen am Ende, wenn sie den Weg in die Kanzlei von Seyran Ates gefunden haben.

Sie wollen die Scheidung. Aber auch die Anwältin und ihre beiden Kolleginnen müssen oft lange und behutsam nachfragen, bis das Wort "Zwangsverheiratung" fällt. Die Scham ist groß. Seyran Ates will helfen, "nur können wir diese Zwangsheirat juristisch nicht mehr thematisieren, weil meist die Frist abgelaufen ist für die Annullierung einer solchen Zwangsehe." Die Frauen hätten ein Jahr lang das Recht, die ungewollte Heirat rückgängig zu machen – doch die meisten wüssten das nicht oder zögerten zu lange. "Ich wünsche mir für die Frauen, dass die Fristen verlängert werden", sagt Seyran Ates.

Die mit Gewalt verheirateten Mädchen und jungen Frauen stammen vor allem aus einem türkischen oder kurdischen Umfeld. Betroffen sind aber auch Albanerinnen, Roma, Pakistanerinnen, Inderinnen oder Marokkanerinnen. Zwangsheiraten finden nach Meinung von Experten zu 90 Prozent in Kulturen mit fundamentalistisch-islamischem Hintergrund statt. Dafür gibt es im Koran allerdings keine Grundlage. Ausdrücklich wird dort die Freiwilligkeit für beide Partner betont.

Doch für viele ihrer Landsleute gilt - so Seyran Ates - das Wort des Hodschas bzw. Imams. Er segne das Recht von Familien ab, ihre Kinder nach ihren Wünschen zu verheiraten. Und er beanspruche für sich, Ehen nach islamischen Recht schließen zu können. Im Islam gebe es keine übergeordnete Kirchen-Stelle, die die Hodschas und Imams kontrolliere. Doch der deutsche Staat schaue zu oft weg, klagt Seyran Ates. Dabei sei es höchste Zeit, den selbst ernannten Predigern ihre Macht zu nehmen: "Sie sind sehr fortschrittsfeindlich und leben in einer sehr konservierten islamischen Welt." Menschenrechte für Frauen gebe es darin nicht: "Weil sie der Ansicht sind, Frauen sind weniger wert als Männer - und Männer bestimmen das Leben."

Eindeutig dokumentiert wurden 2002 in Berlin 230 und in Stuttgart 120 Fälle von Zwangsheirat. Das ergab eine Umfrage in mehr als 50 Einrichtungen aus dem Jugendhilfe- und Migrationsbereich. Da die Betroffenen aus unterschiedlichen Gründen selten Hilfe suchen, ist die Dunkelziffer hoch. Aus Untersuchungen und Interviews lässt sich der Schluss ziehen, dass ca. die Hälfte der in Deutschland geschlossenen Migrantenehen als Zwangsheiraten zu qualifizieren sind.

Es gibt drei Formen der Zwangsverheiratungen:

Ein großes Problem stellen die „Importbräute“ dar, da gerade den jungen Mädchen die Konsequenzen einer solchen Zwangsverheiratung nicht klar sind. Die als „Importbräute“ nach Deutschland verbrachten Ehefrauen werden häufig in den Familien des Mannes als billige Arbeitskräfte „gehalten“ – von den Vereinten Nationen wird diese Form der Zwangsverheiratung als „moderne Sklavenhaltung“ charakterisiert. Da ihr Aufenthaltsrecht vom Bestand der Ehe abhängig ist, müssen sie in ihr Herkunftsland zurückkehren, wenn sie sich trennen wollen. Ein eigenständiges, vom Bestand der ehelichen Lebensgemeinschaft unabhängiges Aufenthaltsrecht erhalten sie nach derzeit gültiger Rechtslage in der Regel jedoch erst nach zwei Jahren. Zwar kann in Fällen besonderer Härte von dieser Frist abgesehen werden, aber aus Unwissenheit oder auch aus der Sorge heraus, dass die vorgebrachten Härtegründe als nicht ausreichend angesehen werden, harren viele Betroffene in unzumutbaren Ehen aus.

„Urlaubsehen“, das sind meist auf familiären Druck im Herkunftsland geschlossenen Ehen. Unter den Betroffenen finden sich Mädchen, die überwiegend in Berlin aufwachsen und von den Eltern zur Heirat mit einem Mann, den sie ablehnen, gezwungen werden.

„Aufenthaltsehen“, das sind unter Zwang zustande gekommenen Ehen, die dem anderen Ehepartner einen aufenthaltsrechtlichen Status verleihen sollen, hierbei liegt häufig ein krimineller Hintergrund vor.

Betroffene Mädchen und junge Frauen suchen häufig in Kriseneinrichtungen und Frauenhäusern Schutz. Dabei sehen sie sich häufig gezwungen, ihre Heimatstadt auf der Flucht vor der Familie zu verlassen. Viele betroffene sind Suizid gefährdet, weil sie keinen anderen Ausweg mehr für sich sehen. Es findet keine Kommunikation zwischen Eltern und Kindern statt. In ihren Familien besteht meist eine Vielzahl anderer Probleme, die aus der bisherigen falschen Integrationspolitik resultieren.

Quelle http://www.tbb-berlin.de/de/archiv/Zwangsheirat.php

Beispiele
Pakistan:
In Pakistan werden häufig die Ehen der Kinder von den Vätern ausgehandelt, wo auch die Höhe des Brautpreises ein wichtiger Fakt ist. Lehnt sich die Frau gegen diese Vereinbarung auf, kann körperliche Gewalt von der eigenen Familie die Folge sein. So wird von Humaira Khokar berichtet, einer Frau aus der Provinz Punjab. Nachdem sie sich geweigert hatte, den vorgesehenen Mann zu ehelichen, wurde sie im Haus ihrer Eltern eingesperrt. Bei einem Fluchtversuch mit ihrem zuvor aus Liebe geheirateten Ehemann wurde sie verfolgt, verschleppt und mit dem Tode bedroht.

Südostasien:
Frauen südostasiatischer Abstammung, die in einem westlichen Land geboren und aufgewachsen sind, wurden von ihren Familien entführt und gezwungen, im Herkunftsland ihrer Eltern einen ihnen unbekannten Mann zu heiraten. Schätzungen gehen davon aus, dass sich allein in Großbritannien 1000 solcher Entführungen pro Jahr ereignen. Häufig werden die jungen Frauen auch mit falschen Vorgaben auf einen Urlaub in die „Heimat“ geschickt. Dort wird ihnen dann zumeist der Pass entzogen und sie werden bis zum Tag der Hochzeit im Haus der Familien in Gefangenschaft gehalten.

Beispiel frühe Eheschließung: Zana und Nadia
Während der 80er Jahre brachte ein im Jemen geborener Mann seine 12 und 14 jährigen, in Großbritannien geborenen, Töchter in den Jemen mit dem Vorwand eines Urlaubs. Dort verkaufte er sie zwei Freunden als Ehefrauen. Eingesperrt, geschlagen und vergewaltigt und in eine Haussklaverei gezwungen, dauerte es 8 Jahre bevor es Zana gelang, zu entkommen und nach Birmingham zurückzukehren, nachdem sie ihr Kind zurück lassen musste. Erneute Versuche, ihre Schwester Nadia zu kontaktieren schlugen fehl. Als sie das letzte Mal von ihr hörte, hatte sie 6 Kinder und war in schlechtem Gesundheitszustand. Gemäß Zanas Berichten wurde ihr Vater nie angeklagt. Es wurde mitgeteilt, dass die Beweislage unzureichend wäre. Er lebt immer noch in Birmingham and hat jeglichen Versuch verweigert, Nadia zu retten.
 

Buchempfehlungen:

"Die fremde Braut"
"Geschundene Körper – Zerrissene Seelen. Folter und Misshandlung an Frauen"

Lesen Sie auch:
http://www.ban-ying.de/downloads/Menschenhandel%20und%20Zweckehen.pdf

 

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