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Fast Food Gesellschaft – Die dunkle Seite von McFood & Co.
Eric Schlosser



Riemann: München 2002, 23,90 Euro

Eric Schlossers  Reportage über die nordamerikanische Fertigessenindustrie ist seit einigen Sommern einer der absoluten Bestseller innerhalb der sozial interessierten Jugend der USA. Sie wissen genau: ohne die Bereitschaft der US-Amerikaner einen großen Teil ihres Einkommens für Fastfood auszugeben, wären die Schnellrestaurants nie zu dem Milliardengeschäft geworden, das sie heute sind.

Gemessen an der enormen Umweltbelastung, die die heutige Fertigessenkultur produziert, kamen die Erfinder der Fastfoodketten einst ebenso naiv wie unschuldig zu ihrem Geschäft: Carl Karcher etwa war ein deutschstämmiger Bauernjunge aus Ohio, den sein Onkel 1937 als Verkäufer in sein Saatgut- und Viehfuttergeschäft nach Kalifornien holte. Dort am Stadtrand von Los Angelos kaufte Carl zu Beginn des Autozeitalters an einem Highway-Zubringer ein Restaurant, eine Würstchenbude und gründete bald den ersten „Drive-In“. 1997 gehörte sein Unternehmen zu den vier größten Fastfoodketten der USA. - Ähnlich begannen die Brüder McDonald 1937 mit einem Drive-In-Geschäft, in dem drei Kellnerinnen Kochwurst verkauften. 1948 stellten sie um auf Papiergeschirr und Selbstbedienung: Beginn der Fließbandproduktion im Verpflegungswesen. Im gleichen Jahr gründete William Rosenberg für Arbeiter in Boston einen Doughnut-Verkaufsstand, woraus Dunkin´Donuts wurde. 1952 entstand bei Salt-Lake-City Kentucky-Fried-Chicken und ein Jahr später gründete Keith Cramer in Florida das erste Burger-King-Geschäft

Seit 1973 sinken in den USA die Löhne, inflationsbereinigt sogar um 40%. Immer mehr Ehefrauen müssen mitverdienen, die langen Wege ins Vorortdomizil machen häusliches Kochen seither unmöglich. 1970 gaben die Amerikaner 6 Milliarden für Fastfood aus, im Jahr 2000 sind es bereits 110 Milliarden Dollar. Die US-Bürger lassen mehr Geld in Fastfoodläden als in Buch- und Musikläden, Kinos oder an Zeitungskiosken zusammen. Die entsprechenden Profite ließen mit den Fastfoodketten eine Lebensmittelindustrie groß werden, die die amerikanischen Landwirte zu abhängigen defacto-Lohnarbeitern machte, immer mehr Farmer in den Ruin drängt und eine umweltschädigende Agrarwirtschaft fördert. Zudem wurde die Fleischverarbeitungen zu einem der gefährlichsten Berufe überhaupt. Die kaum eingearbeiteten Arbeiter, oft Analphabeten, die als Mittelamerikaner englische Warnhinweise nicht lesen können, schneiden sich beim Schlachten unter Hochdruck am Fließband nicht  selten Finger und Gliedmaße ab, holen sich dabei schwere Krankheiten oder vergiften nachts sich beim Säubern der Schlachthäuser.

Auch den Konsumenten bekommt der Konkurrenzstreß zwischen den nur noch 13 großen Life-Industrie-Betrieben nicht sonderlich. Täglich erkrankt einer von 100 Fastfood-Futterkrippen-Besuchern in den USA an einer Lebensmittelvergiftung, nicht selten mit Todesfolge. Ein extrem hoher Prozentsatz der Hackfleisch-Proben enthielten Mikroben, die durch Fäkalien verbreitet werden. „Im Fleisch steckt Scheiße.“ sagt Eric Schlosser drastisch. (S.280) Es handelt sich um neue Krankheitserreger, Coli-Bakterien, wie z.B. das Bakterium E. coli 0157:H7 die man – ähnlich dem HIV-Virus - noch kaum kennt. 1993 starben in Seattle vor allem Kinder an blutigem Durchfall durch dieses Bakterium - Folge des Verzehrs von Fleischklöpsen aus Fastfood-Etablissements.

Zwar kommen Coli-Bakterien im menschlichen Verdauungstrakt in großen Mengen vor und sind für unsere Verdauung unabdingbar. Aber das fragliche E.coli-0157:H7 Bakterium scheint ein entgleistes Bakterium zu sein, eine Mutation, die ein starkes Gift ausscheiden kann: das Verotoxin oder Shiga-Toxin.

Hauptursache diese neuen Krankheit ist die Massentierhaltung in den so genannten „feedlots“: Hier stehen Hunderte von Rinderviechern dicht gedrängt, angekettet zur Bewegungslosigkeit verurteilt buchstäblich in ihrer eigenen Scheiße. Sie bekommen schlechtes Wasser zu trinken und werden kaum gewartet. Überdies wurden sie - zumindest zum BSE-Jahr 1997 - zu guten Teilen als Abfallkübel mißbraucht. Die Rinder bekamen etwa die Abfälle aus Geflügelfabriken einschließlich der Sägespäne und alten Zeitungen, wie beispielsweise 1994 in Arkansas.

Da die Fleischindustrie die Wahlkämpfe der Republikanischen Kongreßabgeordneten finanziert, konnte sie bisher größere Schadensersatzanforderungen stets erfolgreich abwehren... Kurzum: ein lesenswertes Buch über die kruden Machenschaften einer aus dem Ruder gelaufenen Großindustrie.

Elisabeth Meyer-Renschhausen, elmeyerr@zedat.fu-berlin.de